Moderat modern – Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945

 
Legende
Ausstellung im Wien Museum Karlsplatz von 20.10.2005 – 29.1.2006
 

Kuratierung

Erich Boltenstern (1896–1991) war eine der zentralen Figuren der Wiener Architekturszene. Aus dem Umkreis des Raumtheoretikers Oskar Strnad und des gemäßigten Clemens Holzmeister stammend, war Boltenstern einer spezifisch wienerischen Moderne verpflichtet, für die der Umgang mit Bestehendem und das Reagieren auf lokale Gegebenheiten Teil des architektonischen Konzepts war. Sein wichtigster Bau aus der Vorkriegszeit ist das Restaurant auf dem Kahlenberg, das nach einem 1932 vom Österreichischen Werkbund ausgeschriebenen Wettbewerb in den Jahren 1935–36 in zwei Bauetappen realisiert wurde.

Boltenstern verstand es, die Grundprinzipien der Wiener Moderne einer konsensfähigen Hybridisierung zu unterziehen, was ihm besonders in den fünfziger Jahren große Aufträge wie den "Ringturm" für die Wiener Städtische Versicherung, Wohn- und Bürobauten für die Österreichische Nationalbank und den Wiederaufbau der Wiener Staatsoper einbrachte. Sein erster Auftrag war 1930 die Errichtung der Grazer Feuerhalle für den "Wiener Verein", dessen Geschichte eng mit jener der Wiener Sozialdemokratie verknüpft ist.

Als einer der wenigen nicht emigrierten Exponenten der Wiener Moderne traf Boltenstern nach dem Zweiten Weltkrieg das aktuelle Bedürfnis nach gemäßigter Fortschrittlichkeit, mittels derer sich das Österreich der Nachkriegszeit selbst repräsentierte. Unter anderem beteiligte sich Boltenstern mit seinem Büropartner Eugen Wachberger auch am Wettbewerb für das Historische Museum der Stadt Wien. Mit dem Wiederaufbau der Staatsoper und der Börse, dem Ringturm dem Gartenbau-Komplex wurde Boltenstern zum letzten Wiener Ringstraßenarchitekten.

In der Wiener Architektenschaft spielte Boltenstern eine wichtige Rolle, was bereits an seiner Lehrtätigkeit ablesbar ist: Bis 1938 unterrichtete er an der Akademie der bildenden Künste an der Meisterklasse von Clemens Holzmeister und übernahm 1937 zusätzlich die Klasse von Peter Behrens. Nach 1945 erhielt er zwei Professuren an der Technischen Universität, war Mitglied des Technischen Beirates für den Wiederaufbau von Wien, gehörte dem Fachbeirat der Stadt Wien an, war Mitglied der österreichischen Gruppe der Internationalen Kongresse für neues Bauen CIAM und stand der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs vor.

In Boltensterns Tätigkeit spiegelt sich exemplarisch nicht nur die Architekturhaltung, sondern die Zeitgeschichte Wiens und Österreichs.

Kuratierung
Judith Eiblmayr und Dr. Iris Meder

Kuratorin Wien Museum
Dr. Renata Kassal-Mikula

Katalog zur Ausstellung
Moderat Modern – Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945
Herausgegeben von Judith Eiblmayr und Iris Meder
(siehe Publikationen)
 

Ausstellungsgestaltung


Für die Ausstellung „Moderat modern – Erich Boltenstern und die Baukultur nach 1945“ musste eine architektonische Präsentationsform gefunden werden, die den Stil der fünfziger Jahre thematisiert, ohne Gefahr zu laufen, ins Kitschige abzugleiten.
In den im Grundriss T-förmigen Sonderausstellungsraum des Wien Museums wurde zentral die stilisierte Opernpassage eingebaut. Ein postmoderner Kunstgriff, indem ein Objekt als Teaser eingesetzt wird, das als typisch für die fünfziger Jahre angesehen wird, beim Wiener Publikum einen hohen Wiedererkennungswert hat und das gleichzeitig auf den Beginn der postmodernen Ära in der Architektur in den späten 1940er Jahren verweisen soll. Ein Bauwerk der schwungvollen Fifties wurde platziert um die moderate Architektur Boltensterns zu inszenieren.
Gleichzeitig galt es eine enorme Menge an Ausstellungsmaterial unterzubringen, was in additiv angeordneten und nach Themenbereichen gegliederten Kojen erfolgte.

Um echtes Fifites-Flair zu verbreiten, wurde eine Lounge eingerichtet, wo sich das Ausstellungspublikum in Originalmobiliar entspannen und historische Wochenschauen konsumieren konnte.
Bei der Objektpräsentation wurden nebst konventionellen Bildhaltern und Rahmungen die Vitrinen des Wien Museums von Oswald Haerdtl eingesetzt – originäres Fifties-Design.


Ausstellungsgestaltung
Judith Eiblmayr

Konzept, Planung und Baudurchführung:
Judith Eiblmayr

Konsulenten Konzept:
Arch. Mag.arch. Erich Bernard, Mag.art. Johann Moser, BWM Architekten

Mitarbeit:
Dipl.Ing. Roland Graf, BWM Architekten

Umsetzung:
Bau- und Möbeltischlerei Reinhart Blumberger, Möbelbau Johann Sulzer, Macke Malerbetrieb, Werkstätten Wien Museum

Fotos
© Pez Hejduk (außer erstes Foto)

Planungs- und Bauzeit
Februar – Oktober 2005

Die Ausstellung basierte auf der im Jahr 2002 abgeschlossenen Forschungsarbeit „Aufarbeitung und Erforschung des Lebenswerkes des Architekten Prof. Erich Boltenstern (1896-1991)“ für das Institut für Raumgestaltung an der TU Graz, Prof. Irmgard Frank. Finanziert wurde die Arbeit aus den Mitteln des Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank, Planarchivierung und Werkverzeichnis: Dr. Iris Meder
 
Judith Eiblmayr
Dipl.Ing. Dr.techn.

Herrengasse 6–8/6/1/2
1010 Wien
Austria
T +43.1.535 12 76
M +43.664.991 40 36
office@eiblmayr.at

Atelier
Mölkersteig 4
1010 Wien

jj EDITION
jjedition.com